Kulinarische Tradition – 500 Jahre exquisite Kochkunst in Sachsen


Kulinarische Tradition – 500 Jahre exquisite Kochkunst in Sachsen

Sachsen kann ein halbes Jahrtausend gehobene und exquisite Küche für sich reklamieren. Die über lange Zeit entstandenen kulinarischen Spezifika der Region sind bislang aber noch weithin unbekannt. Das Projekt „Kulinarische Tradition – 500 Jahre exquisite Kochkunst in Sachsen“ erschließt kulinarische Genussdimensionen Sachsens. Es will die Tradition der feinen Küche in Sachsen zu einem authentischen sächsischen Markenzeichen machen, um regionaltypisches Kulturgut zu erhalten und zu entwickeln. Sachsens feine Küche und gehobene Tafelkultur der Vergangenheit können dazu genutzt werden, um das Land als kulinarische Region mit historischer Tiefendimension zu profilieren.

Um langfristig ein solides Fundament zu legen, sollten die zentralen Texte der exquisiten Küche in Sachsen (Rezeptsammlungen und Kochbücher/Menükartensammlungen) durch Edition verfügbar gemacht sowie kultur- und wirtschaftshistorisch in regionale und europäische Zusammenhänge eingeordnet werden. Diese Publikationen werden, um nachhaltig wirken zu können, von profunden wissenschaftlichen Studien zur Ernährungsgeschichte Sachsens und von gastronomischer Praxis begleitet. Neben der Erkundung regionalspezifischer Zubereitungsweisen ist für eine Küche auf hohem Niveau vor allem die Herkunft und Qualität der Zutaten von Belang. Beide Bereiche bilden einen eigenen Schwerpunkt im Rahmen des Projektes.   zu den Buchpublikationen

Die Rezeptsammlung von Ernst Max Pötzsch: Vollständige Herrschaftsküche des Kronprinzen von Sachsen, Manuskript 1898/99, die der Kochkunst der Gegenwart am nächsten steht und höchsten kulinarischen Ansprüchen genügt, soll als erster und zentraler Referenzpunkt für die heutige feine Küche genutzt werden. Dazu muss diese Kochkunst eines herrschaftlichen Haushalts ernährungsgeschichtlich und kulturräumlich eingeordnet und durch einen Koch für die Küchenpraxis des beginnenden 21. Jahrhunderts aufgeschlossen werden. zur Projektküche

Die handschriftliche Rezeptsammlung von Ernst Max Pötzsch ist erst seit dem Jahre 2006 öffentlich zugänglich. Ihre Kochanweisungen sind in deutscher Sprache von einem professionellen Koch für seine Arbeit notiert. Sie dokumentieren den zeitgenössisch europäischen Rang einer sächsischen Küche ein halbes Jahrzehnt, bevor Auguste Escoffier sein epochemachendes Werk „Guide Culinaire“ publizierte. Allein die Tatsache, dass in Sachsen bereits vor Escoffier eine exquisite moderne Küche bekannt war und gekocht wurde, ist schon ein unerwartetes und Aufsehen erregendes Faktum. Sachsens Kochtradition erscheint deshalb bereits in einem ganz anderen Licht als bisher. Allerdings müssen die Rezepte aus der Küche des Dresdner Hofes für den heutigen Gebrauch durch Nachkochen erschlossen werden, weil das Original nur für einen Profikoch rekonstruierbare Angaben über Garzeiten, Mengen oder Materialqualitäten enthält.

Das Geschmacksbild dieser Küche mit den geeigneten Zutaten zu rekonstruieren, eröffnet daher die bislang durchaus einzigartige Chance, den Vertretern einer hoch entwickelten sächsischen Kochkunst unserer Tage einen fixen und hochkarätigen Bezugspunkt in der jüngeren Vergangenheit zu bieten. Damit diese exquisite Küche aus Sachsens Vergangenheit eine Referenz für die heutige gastronomische Praxis werden kann, reicht die rein geschichtswissenschaftliche Arbeit aber nicht aus. Deshalb werden die überlieferten Rezepte durch einen heutigen sächsischen Koch, der über entsprechend hohe fachliche Kapazität verfügt, für die Küchentechnik des beginnenden 21. Jahrhunderts präziser abgefasst. Diese Aufgabe hat der Koch Volkhard Nebrich übernommen. Eine vergleichbare Rekonstruktion einer regionalen Kochkunst, wie Herr Nebrich sie durchführt, hat es in Deutschland bislang noch nicht gegeben. Begleitet wird die praktische Arbeit von zwei Dissertationen zur Ernährungsgeschichte Sachsens um 1900. Diese Studien widmen sich den Dresdner Hoflieferanten bzw. der Herstellung von exquisiten Nahrungs- und Genussmittel in Sachsen sowie der Wertschätzung von gehobener und exquisiter Küche in Sachsen um 1900. Die verschiedenen Zugänge zum Thema werden in der derzeit aufkommenden Debatte über eine neue hochentwickelte Regionalküche Potentiale für Sachsen eröffnen, um auf der Basis eines kulturell einzigartigen Erbes eine regionale Wertschöpfung zu initiieren.

Diese Aufarbeitung wird zudem die Ausgangsbasis für eine verbesserte öffentliche Wahrnehmung und kulturelle Profilierung Sachsens und seiner einheimischen Nahrungsmittelspezialitäten werden.

Dem Verein Ernährungsgeschichte in Sachsen e. V. werden vom Freistaat Sachsen für die Umsetzung seines Vorhabens mit dem Projekttitel „Ernährungsgeschichte in Sachsen“  im Zeitraum vom 05.12.2011 bis 31.12.2014 Fördermittel in Form eines nicht rückzahlbaren Zuschusses gewährt.